Abt.: Gesund, na und
Aura, das extracorporale Organ
Die Aura ist ja ein sträflich unterschätztes, extracorporales Organ. Sie steuert unser seelisches Wohlbefinden und schützt uns vor allerlei Ungemach aus Zwischenwelt und astraler Sphäre. Es wird Zeit, dass wir uns mit ihr befassen und für ihr einwandfreies Funktionieren sorgen. Die Welt wird ein schönerer Ort.
So eine Aura ist ja nicht für die Neuzeit gemacht. Die stammt ja aus der ganz frühen Entstehungsgeschichte der Menschheit. Zeitlich irgendwo zwischen Rippentheorie(1) und Arche Noah. Zu der Zeit ging es insgesamt etwas gemütlicher zu, so dass die Aura für die Geschwindigkeit und Hektik der modernen Gesellschaft schlecht ausgerüstet ist.
Schon als die Bahnstrecke zwischen Nürnberg und Führt eröffnet worden und der Adler mit satten 30 kmh dahin gebraust ist, waren sich feinfühlige Menschen sicher, so eine Dampflok ist zu schnell für den Menschen. "Ein Gutachter des Bayrischen Medizinalkollegiums [soll] gemeint haben, dass die Geschwindigkeit bei den Passagieren die geistige Unruhe, 'Delirium furiosum' genannt, hervorrufe"(2). Was anderes kann der Gutachter gemeint haben, als die Aura, die bei solch hohen Geschwindigkeiten nicht mehr mit kommt.
Es ist also nicht zu empfehlen, mit 180 Sachen nach Berlin zu brausen. Das schafft die Aura nicht, da kommt sie einfach nicht mit. Dann steht man da rum und muss warten, bis die Aura nach kommt. Das kann sich ganz schön ziehen. Das bringst doch nichts.
Vielleicht kommt die Aura auch noch recht abgehetzt und zerfleddert daher und man muss sich wieder umtun: Wo ist die nächste Aurareinigung? Wie kann ich meine Aura hier energetisch aufladen? Und all die Sachen. Echt nicht. Da ist dann der Vorsprung, den einem so ein Sportliches Gefährt verschafft schnell dahin.
Und dann erst das Fliegen. Für die Aura ganz schlecht. Besonders wenn man sie zusammen mit dem Gepäck in so einer kleinen Auraschachtel aufgeben muss. Dann wir die Aura vielleicht auch noch aus Versehen nach Mallorca geschickt und man muss sich mit so einer Leihaura herumschlagen. Das ist doch nicht schön.
Zwar gibt es für Vielflieger schon Auraufbewahrungsfächer am Flughafen. Und in größeren Städten sind die Leihauras auch ganz passabel. Aber mal ganz ehrlich, ich bin lieber mit meiner eigenen Aura unterwegs. Wir kennen und ganz gut, haben schon so einiges zusammen durchgemacht. Bis man sich mit so einem fremden Ding - egal wie gut gepflegt - zurecht findet, das geht oft recht an die Substanz.
Man liest gelegentlich, dass sich so eine Leihaura dann nicht mehr trennen will. Das ist immer ein rechtes Gefrett. Erst lange rum diskutieren. Vielleicht mit einem Hochgeschwindigkeitszug von hier nach da, in der Hoffnung, das anhängliche Ding dabei los zu werden. Seitdem es in den ICEs eigene Auraabteile gibt, funktioniert das auch nicht mehr. Muss man dann letztlich in die Aurachirurgie. Das kann teuer werden.
Ist man endlich völlig erledigt wieder daheim und freut sich auf seine eigene Aura, dann ist die verschnupft. Was einem denn einfällt, sie so lange alleine zu lassen. Und ob man sich denn wieder mit Fremdauras herumgetrieben habe. Ehrlich Leute, das tue ich mir nicht an. Da bleibe ich lieber daheim und kuschele mich mit meiner eigenen Aura vor dem Fernseher ein. Das ist besser für uns beide. Glaubt mir.
Spässe mit der Aura
Habt ihr mit eurer Aura schon mal Schabernack getrieben? Zum Beispiel auf einen Laternenpfahl zu rennen und im letzten Moment nach links wegtauchen. Dann zusehen, wie die Aura nicht schnell genug reagiert und volle Granate gegen die Laterne kracht? Oder im Paternoster flugs die Seiten gewechselt und der Aura nach gewunken(3), wie sie in den Keller fährt?
(1) Rippentheorie
(2) Delirium furiosum
(3) gewinkt/gewunken