Abt.: Sägen und Fräsen

Bude - Byde - Bÿde

Zwischen all den vielen Rock-Bands - egal ob Punk, Hardcore oder Blues - reckte vor Corona ein zartes Pflänzchen sein Köpfchen gen Sonne. Dann kam der lange dunkle Winter der Pandemie. Das zarte Pflänzchen hat den Winter überstanden und strebt wieder der Sonne entgegen.

Die Rede soll von Bude sein. Oder Bÿde, wie sie sich im Kielwasser von Dÿse neuerdings nennen. Warum das? Weil ihnen unterwegs die Originalität abhanden gekommen ist? Um irgendwie hipp zu sein? Doch der Reihe nach.

Bude begann als Nebenprojekt des Prinz Harras Quartett Schlagzeugers mit dem Ex-InPalumbia Bassisten. Also Björn und Marc. Und das war denn auch gleich das außergewöhnliche: Zu zweit, Bass, Schlagzeug und Gesang. Björn konnte mit Lust und Energie in die Felle dreschen wie selten. Marc konnte seine Qualitäten an Bass und Micro voll ausleben. Eine tolle Kombi.

Nebenher haben sie in Eigenregie das eine oder andere originelle Video produziert.

Zwischenzeitlich ist aus der Zwei-Mann-Band eine Drei-Mann-Band geworden. Den Andi Blab haben sie sich dazu geholt. Weil ihnen ihr Sound zu dünn war? Weil der Marc einen Counterpart braucht, an dem er sich reiben kann? Weil nur Bass zu experimentell und zu wenig Rock'n'Roll ist? Wer vermag das zu sagen.

Ich auf jeden Fall habe das - und damit möchte ich dem Andi Blab nicht zu nahe treten - sehr bedauert. Damit war das Originelle weg. Damit war das Experimentelle weg. Damit ist die Band in eine neue Phase eingetreten. Vielleicht der Schritt aus der Kindheit in die Pubertät? Das geht nicht ohne Pickel, das wissen wir alle. Oder aus der Pubertät in die Erwachsenenwelt. Wenn aus einer Raupe ein Schmetterling wird.

Jedenfalls habe ich sie als Trio gesehen und musste mit Freuden feststellen, dass auch diese Besetzung funktioniert. Gut, das Experimentelle und das Originelle ist weg. Aber es funktioniert.

Jetzt ist es also spruchreif, eine Platte ist auf den Markt. Jawoll. Eine Platte. Schwarz, rund und aus Vinyl. Sie ist erscheinen bei Gutfeeling.

Ich bin sehr gespannt. Und weil ich so gespannt bin und der Björn auch weiss, wie gespannt ich bin, habe ich vorab ein wenig hinein hören dürfen. Und ich habe es mit Freuden gemacht.

Der erste Song ist ein Knaller. Ganz klar die alten Bude und dann sägt die Gitarre von der Seite rein, als gäbe es kein Morgen.

Leider geht ihnen dann etwas die Luft aus. Die Stücke mäandern recht unentschlossen zwischen ... ja, zwischen was eigentlich. Ich glaube, ich muss mir das noch einmal in Ruhe anhören.

Die Abmischung ist recht durchwachsen. Darunter leidet das harmonische Ganze. Gelegentlich etwas viel Hall auf der Stimme. Dafür lässt das Schlagzeug den Wumms vermissen. Vielleicht liegt das auch - wie soll ich sagen - ich höre mir das schließlich via WhatsApp auf dem Handy an. Vielleicht später noch einmal mit Kopfhörer und den Regler auf Anschlag.

Und ja, mit angemessener Lautstärke... so ein Kopfhörer arbeitet doch ganz schön Wumms raus, wo das Handy keinen findet.

Was man nicht machen sollte, das sind Vergleiche mit längst verblichenen Vorbildern. Aber wieso eigentlich nicht? Der Marc hat nun mal bei InPalumbia gespielt. Und das hört man. Erstaunlicherweise erinnert mich sogar das Gitarrenspiel an palumbische Lärmwände, die über das Publikum fegen.

Ich höre ein bisschen von vielem raus. Oder rein. Ein wenig InPalumbia. Etwas nasales von Notwist. Ein bisschen sogar von U2.

Ganz klar, der Sänger spiel Bass. Oder umgekehrt. Jedenfalls harmonieren Bass und Gesang, währen die Gitarre gelegentlich etwas störend dazwischen grätscht. Wenn der Andi aber die Kettensäge anwirft, dann fräst er sich angenehm erbarmungslos seinen Weg durchs Trommelfell direkt ins Stammhirn und streichelt die Synapsen mit der Wurzelbürste.

Aber wie gesagt: Das Experimentelle und das Originelle ist weg.

[Gutfeeling]: BYDE – Tanaco