Zur Erntezeit

Des Gärtners Freud - des Gastgebers Leid

Wenn sie Gartler zum Grillen einladen, dann kann es ihnen passieren, dass sie statt der obligatorischen Flasche Wein eine Tüte Bohnen, einen Salat, einen Kohlkopf oder eine Riesenzucchini mitgebracht bekommen.

Heucheln sie gerne Freude, denn nichts hört der Gartler lieber, als eine Honorierung seiner landwirtschaftlichen Bemühungen.

Dabei entspringt das Verteilen der Bodenfrüchte selten altruistischen Motiven. Oft ist es reine Notwehr der - jedes Jahr auf's neue - unerwarteten Fülle zur Erntezeit.

Eigentlich weiss man nach spätestens einer Saison, dass gleichzeitig gesetzte Salate zur gleichen Zeit reif werden. Und ebenfalls weiss man, dass man mehr als einem Salatkopf zur gleichen Zeit nicht Herr wird. Trotzdem pflanzt man Jahr für Jahr wieder sechs, sieben oder acht Pflanzen auf einmal. Vielleicht nicht aus bösem Willen, vielleicht einfach deswegen, weil es die vorgezogenen Jungpflanzen nicht einzeln, sondern zu jeweils sechs oder acht Stück zu kaufen gibt. Schlimmer ist es, wenn man selbst aus Samen zieht. Dann stehen da auf einmal zehn, 15 oder gar 20 Pflanzen.

Da sich der Salat weder in Keller noch Kühlschrank über längere Zeit aufbewahren lässt, muss man zusehen, die Köpfe möglichst rasch unter die Leute zu bringen. Eltern und Kollegen sind schnell überfordert. Oh und weh, jetzt kommt der schon wieder mit seinem Salat. Dann müssen eben Freunde und Grillgesellschaften herhalten.

Sagen sie zu einem Gartler nie "aber wir können euch doch nicht alles wegessen". Denn das geht gar nicht. Denn hinter einer kiloschweren Zucchini im Geschenkpapier lauern weitere fünf im Gemüsebeet.

Übertreiben sie es auch nicht mit der Freude - selbst wenn sie echt ist -, denn sie laufen Gefahr, die nächsten Tage und Wochen mit Kartoffeln, Äpfeln und Zwetschgen überschüttet zu werden. Vertrauen sie auch nicht darauf, dass die Erntezeit irgendwann vorbei ist, Rüben und Rosenkohl gibt es auch im Winter.

Woher ich das weiss? Nun, ich bin der, der mit dem Blumenkohl in der Hand zur Party kommt.