Abt.: Altlasten belasten

Die Ampel ist uneins

Es blockiert sich so schön. In der Opposition und auch in der Regierung.

Der Ampelregierung wird dieser Tage aus berufenem und auch weniger berufenem Munde Versäumnisse zu Last gelegt... für die die Ampel bei genauerer Betrachtung gar nicht verantwortlich ist.

Vielmehr ist sie in einer Zeit, die ungünstig ist wie selten, bemüht, die Scherben weg zu räumen, die ihre Vorgänger zerbrochen haben.

Altlasten

Regierungen, zumeist unter Beteiligung der FDP, haben es versäumt, wichtige Probleme und Themen anzugehen. Und nicht nur versäumt, zum Teil verdrängt oder auch absichtlich herbei geführt.

Nehmen wir die Digitalisierung.

So nötig wie die Digitalisierung sei, so schlecht sei es um sie bestellt. Das müssen wir uns in unschöner Regelmäßigkeit anhören.

Von einer Kanzlerin, für die das Internet noch Neuland war, als wir bereits das web 2.0 erkundeten. Von einer Technologieministerin, die lieber von Flugtaxis träumte, als den Internetausbau voran zu treiben.

Nehmen wir das Bildungswesen.

Pisa ist das Schreckenswort. Ein ums andere Mal schneidet Deutschland bei dieser Umfrage zur Bildung bescheiden oder schlecht ab. Anstatt jedoch die Ärmel hochzukrempeln, werden die Zahlen gut geredet. Da stellt sich schon mal ein Ministerpräsident hin und erklärt stolz, immerhin schneide Bayern noch am besten aller Bundesländer ab.

Ich erinnere mich an meine Schulzeit in den 80ern. Fotokopierer waren state of the art. Nicht jedoch in der Schule. Da wurde noch mit Matritzendruckern gearbeitet. In den Wohnzimmern standen VHS Recorder in der Schule wurde mit 16mm Projektoren hantiert.

In den nullerjahren wurde in der Grundschule - sozusagen als pädagogisches Experiment - versucht eine vereinfachte Schreibschrift einzuführen. Das Experiment ist gescheitert, die Schrift wurde wieder abgeschafft. In anderen Ländern wurde derweil über die Einführung von Computern im Unterricht diskutiert.

Sicher hat sich da mittlerweile einiges verbessert. Was aber über Jahrzehnte versäumt wurde, lässt sich nicht mal eben reparieren. Zumal nach wie vor viele Bildungspolitiker den Zuchtanstalten des letzten Jahrhunderts nachhängen.

Nehmen wir die Bürokratie.

Mein Steuerberater hat einmal gesagt, er fürchte sich nicht vor einer Vereinfachung der Steuergesetze. Bei jeder Vereinfachung habe er sich ein neues Gesetzbuch gekauft, zu den anderen gestellt und weiter gearbeitet. Vereinfacht sei dabei nie etwas geworden.

So ist die überbordende Bürokratie kein neues Thema. Und man gewinnt den Eindruck, je lauter das Thema in der Politik angesprochen wird, umso größer wird es.

Manche empfanden es seinerzeit einen Hohn, dass ausgerechnet ein ausgedienter bayerischer Ministerpräsident die EU von Bürokratie befreien sollte. Heute wissen wir, das hat nichts gebracht.

Nehmen wir die Bahn.

In dem Privatisierungswahn der 90er Jahre sollte die Bahn fit für die Börse gemacht werden. Zu erreichen suchte man das in Einsparungen unter anderem und vor allem bei Ausbau, Instandhaltung und Personal. Das Verkehrsministerium - meist CSU geführt - sah dem Drama tatenlos zu. Unter den Auswirkungen leiden Reisende und Pendler. Die notwendige Verkehrswende wird dadurch bis zur Unmöglichkeit erschwert.

Die Großwetterlage

Ich kann mich erinnern, dass die Ampel frohen Mutes gestartet ist, um Fehler der Vergangenheit aufzuarbeiten. Jede Partei auf ihre Weise, zusammen im Koalitionsvertrag. Da stand auch noch nichts vom Ukrainekrieg drinnen und nichts vom Gazakrieg. Von beidem ist die Koalition überrollt worden.

Eine Frau Baerbock wollte nie die richtige Aussprache von Haubitze lernen, ein Herr Habeck sich nie um LNG Terminals kümmern. Da sind beide Getriebene der Umstände und mögen keine gute Figur abgeben. Darauf waren sie auch nicht vorbereitet.

Auch Scholz scheint von der politischen Großwetterlage überfordert und geht sie mit der von ihm gewohnten Zögerlichkeit an. Doch ist mir gerade in Kriegsdingen Zögerlichkeit allemal lieber als das unbesonnene Vorpreschen Strack-Zimmermanns oder Hofreiters Prägung.

Einer gegen zwei

Sieht man sich nun die Arbeit der Ampel etwas nüchterner an, so sehe ich zwei Parteien, die sich zumindest Mühe geben, die Probleme unserer Zeit anzugehen. Und eine Partei, die trotz der immensen Aufgaben lieber auf Klientelpolitik setzt.

Während also zwei Partner bemüht sind etwa die Schiene wieder flott zu kriegen - weil die Schiene auf die wichtigen Konten Energiewende und Verkehrswende einzahlt - und ein Partner lieber Autobahn und Autobauer bauchpinselt, dann ist sich die Ampel uneins. Keine Frage.

Ganz Europa ist sich einig, um Klimaziele erreichen zu können, muss auch der CO2 Ausstoß von LKWs gedrosselt werden. Die FDP ist der Meinung, nein(1). Damit stellt sich die FDP nicht nur gegen ihre Koalitionspartner, sondern gleich gegen die gesamte EU. Ebenso beim Lieferkettengesetz.

Insofern: Ja, die Ampel ist sich uneins. Vor allem weil zwei an einem Ende des Strangs zieht und einer am anderen Ende. Wer sich aber aufführt wie ein bockiges Kind hat in einer Koalition nichts verloren. Lieber gar nicht regieren, als mit dieser FDP.

Verbotspartei

Den Grünen wird nachgesagt, eine Verbotspartei zu sein. Dem möchte ich mit einem Zitat entgegen halten:

Den Grünen wird nachgesagt, eine Verbotspartei zu sein. Dem möchte ich mit einem Zitat entgegen halten:Die totale Ablehnung der Grünen, die weit in das „bürgerliche“ Lager reicht und inzwischen völlig irrationale Züge annimmt, ist einfach zu erklären: Die Grünen machen den Transformationsdruck, der real auf uns lastet, politisch sichtbar.Sie sind schlicht der Überbringer der schlechten Nachricht.Das absurde daran ist, dass sie all das, was man in sie hinein projiziert, um die Realität verweigern zu können, gar nicht tun: Sie verbieten nichts, sie erziehen niemanden um, sie sind nicht radikal, sie bemühen sich um Verständnis auch bei denen, die ihnen Hass entgegenbringen.Es hilft nur nichts.

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