Abt. Bildungsreisen

Ein bisschen Mittelalter

Es heisst ja immer, wer eine Reise tut kann auch was erzählen. Zumindest, wenn auf der Reise erzählenswertes passiert. Oder zu sehen ist. Oder man davon hört. Beim Ballerman passiert einem das eher nicht. In anderen Gegenden eher. Mich hat es nach Baden-Würtemberg verschlagen: Sigmaringen - Campus Galli - Ulm.

Sigmaringen

Sigmaringen ist schon recht beschaulich. Auf der einen Seite hübsch anzusehende mittelalterliche Häuser. Auf der anderen Seite eine breite Palette von Imbiss und Lieferdiensten. Was eine moderne Kleinstadt eben so ausmacht. Und auf der dritten Seite das Schloß.

Das Schloß lässt keine Zweifel aufkommen, wer Herrscher ist und wer beherrscht wird. Wer das Geld hat und wem es genommen wird. Protzig thront das Gemäuer über der Stadt. Und die Stadt verehrt ihre Hohenzollern wie eh und je. So ist es zumindest der netten Fremdenführerin zu entnehmen, wenn sie liebevoll mit einem gewissen Glanz in den Augen von ihrem Fürst spricht. Da möchte man sie liebevoll zur Seite nehmen und ihr zuflüstern "du weißt aber schon, dass die Monarchie mitsamt dem Adel längst abgeschafft ist?".

Heldengedenken

"Der Erste Weltkrieg forderte das Leben der Soldaten, der Zweite Weltkrieg löschte das Andenken an sie."

Dieser Inschrift wohnt so viel Falsches inne.

Ein Krieg fordert kein Leben. So ein Krieg ist nämlich kein Wesen, das fordern könnte. Es sind die Generäle, die Soldaten in den Tod schicken.

Der Zweite Weltkrieg löschte kein Andenken aus. Der Zweite Weltkrieg stellte ob seiner Monstrosität nur alles dagewesene Morden in den Schatten.

Gedenktafeln gefallener Soldaten waren nie - und ich schreibe es noch einmal groß: NIE - ein Mahnmal gegen Krieg und Gewaltherrschaft. Gedenktafeln gefallener Soldaten waren immer ... Gedenktafeln für gefallene Soldaten. Oft auch sehr eindeutig mit einem "für unsere gefallenen Helden" gekennzeichnet. Nein, eine Tafel mit den Namen gefallener Soldaten ist kein Mahnmal gegen Krieg und Gewaltherrschaft.

Und überhaupt "gefallen", was soll das sein "gefallen"? Die Soldaten sind verreckt. Von Granaten zerfetzt. Im Lazarett an Wundbrand verreckt.

Aber ich ereifere mich schon wieder. Machen wir weiter...

Bequemlichkeitsweg

Der Bequemlichkeitsweg in diesem Falle quert sehr bequem die Donau. Die an Stelle noch nicht ganz so teilend ist, wie später dann in Ulm. Aber dazu später, wenn wir in Ulm sind.

Jedenfalls ist es für Fußvolk und Eisenbahn recht schön, also bequem, hier eine Querung zu haben. Automobile haben 500 Meter wo anders ihre Furt. Zu Fuß könnte man dorthin ausweichen. Aber warum sollte man?

Dental Wellness

...Dental Wellness. Irgendwie muss ich da an Kukident denken und an Whirlpool. Und daran, dass man das nicht verwechseln sollte. Und auch, dass man Kukident nicht lutschen sollte. Wellness hin oder her.

Und dann denke ich, was mache ich denn, wenn meine Dentals gerade Wellness machen? Im allgemeinen hänge ich ja an meinen Dentals dran. Ganz fest. Die kann ich nicht mal eben im Bällebad abgeben. Und eben auch nicht zu irgendeinem Wellness in der Klinik am Schloss.
Vielleicht sollte über das Geschäftsmodell noch mal jemand bei.

Der Panthel Stein

Ich muss sagen, dieser Panthelstein hat mich schon irgendwie beeindruckt. So mitten unter Steinen, nein eigentlich sind das schon mehr Felsen, da nimmt ein Panthelstein schon eine besonders herausragende Position ein. Besonders wenn er auch noch heraus ragt. Und wenn dann auf der Herausragung auch noch ein Hirsch sitzt. Respekt.

Es ist mir übrigens nicht gelungen, hinter das Geheimnis des Panthelsteins zu kommen. Da schweigt sich Google aus. Lediglich der Hirsch. Der kommt im Wappen von Sigmaringen vor.

Nudelgeschichte

Ich finde "5 Erlebnisbereiche Nudelladen, Nudelführungen, Nudelküche, Nudelevents sowie Nudelumgebung" schon sehr groß. Ich war versucht, da hin zu gehen... nein, war ich nicht. Aber gebt zu, dass hat was. Sind wir nicht alle irgendwie was mit Nudel?

Campus Galli

Eigentlich war das Ziel ja der Campus Galli. Ein Gelände auf dem mit mittelalterlichen Methoden und Techniken in den nächsten 40 bis 80 Jahren eine mittelalterliche Klosteranlage gebaut werden soll. Ein ehrgeiziges Projekt, das steht außer Frage.

Die eigentliche Frage ist, lässt sich das Projekt mit dem heutigen Baurecht, der Feuerpolizei und all den anderen behördlichen Errungenschaften der Jetztzeit umsetzen. Ein mittelalterlicher Meissel ist schnell geschmiedet. Mit dem Meissel ein Schleifstein gemeisselt, auch kein Problem. Mit dem Schleifstein geeignetes Werkzeug scharf gemacht. So weit kein Problem. Mit dem Werkzeug dann eine Scheune errichtet... halt liebe Leute. So geht das nicht. Baugenehmigung, Fluchtweg, Materialkunde... so hat denn das Errichten einer einfachen Scheune vier Jahre gedauert. Davon alleine ein Jahr, um die Genehmigungen zu bekommen.

Licht und Wärme

Just in diesem Jahr - wie eine Vorahnung - bietet Campus Galli eine Führung rund um Licht und Wärme (im Mittelalter) an. Da geht es um Kerzenziehen, Kienspan, Talglampen und Lampenöl. Und wie das alles in Holzhäusern funktioniert hat. Mit Strohdächern. Ohne Feuerpolizei.
Das erdet ein wenig. Denn wenn es die Menschen im Mittelalter hin bekommen haben, dann werden wir das diesen Winter auch. Irgendwie.

Ich hoffe, ich habe jetzt genug Fragezeichen in eure Gesichter gemalt, so dass ich jetzt zum nächsten Thema übergehen kann.

Ulm

Münster

Vom Ulmer Münster hat sicher der eine oder die andere schon gehört. Im Hinterkopf regen sich so Gedanken wie "ist das nicht besonders groß" oder "ist das nicht besonders alt" oder "ist das nicht besonders besonders". Da ist was dran. An allem. Wobei... besonders alt ist eigentlich nicht. Große Teile sind sogar besonders neu. Der Turm etwa, der wurde erst im 19. Jahrhundert gebaut.

Aber ja, das Ulmer Münster ist besonders groß. Mit seinen 161 Metern und, nicht zu vergessen, 53 Zentimetern ist das Ulmer Münster momentan tatsächlich die größte Kirche der Welt. Und das wird das Münster bleiben bis... ja, bis die Sagrada Familia in Barcelona fertig gebaut ist. Das wird irgendwann nach 2026 sein und sie wird einen Turm haben, der noch mal 11 Meter mehr misst. Man möchte meinen, diese christlichen Baumeister haben den Teil vom Turmbau von Babel in der Bibel überlesen. Da steht nämlich drinnen, was der Christengott von anmassend hohen Bauwerken so hält. Nämlich nichts. Aber die Bibel wäre nicht die Bibel, wenn sie nicht nach Gutdünken ausgelegt werden könnte.

Was unterscheidet nun ein Münster von einem Dom? Man mag sich das schon einmal gefragt haben, doch der Drang nach Antwort hat dann nicht bis Wikipedia gereicht. So reiche ich hier das entsprechende Wissen nach. Ein Dom ist immer der Sitz eines Bischofs. Ein Münster muss das nicht sein. Jetzt geht hinaus und teil euer Wissen, so wie ich es mit euch getan.

Die Bauzeit des Ulmer Münsters betrug mehr als 500 Jahre. So ist es in den Annalen zu lesen. Tatsächlich wurde aber nicht 500 Jahre durchgehend gebaut. Zwischendrin gab es eine kurze Pause von 300 Jahren. Den Ulmern war nämlich das Geld ausgegangen. Aber was soll's, 500 ist nun mal beeindruckender als 200.

Apropos Geld ausgegangen. Da gehen Großmannssucht und Größenwahn Hand in Hand. Das Ulmer Münster ist nicht - wie sich mein ketzerisches Vorurteil beeilte anzunehmen - durch von der Kirche erhobener Abgaben finanziert. Das haben die Ulmer Bürger und Bürgerinnen aus der eigenen Tasche finanziert. Zu Beginn war die Tasche prall gefüllt. Nach 166 Jahren dann nicht mehr so. In Folge dessen fristete das heute so beeindruckende Bauwerk erst einmal 300 Jahre ein weniger beeindruckendes Dasein. Denn der Turm kam erst später.

Und doch konnte das Münster bereits in frühen Jahren durchaus beeindrucken. Denn die Proportionen waren so bemessen, dass in der Kirche bei weitem mehr Menschen Platz fanden, als es zu dieser Zeit Menschen in Ulm gab. Ich sagte ja, da gehen Großmannssucht und Größenwahn Hand in Hand.

Natürlich gibt es noch ein oder zwei weitere Anekdoten. Doch die werde ich hier nicht weiter ausbreiten. Wer interessiert ist, möge selbst nach Ulm fahren und an einer Stadtführung teilnehmen.

Rathaus

Über das Rathaus gibt es ebenfalls einiges zu sagen. Wen das interessiert... ich verweise auf die Stadtführung. Obwohl, eine Sache fand ich so rührend, die möchte ich kurz erzählen. An der Ostseite des Rathauses sind ein paar prachtvolle Uhren zu sehen. Am auffälligsten zweifellos die astronomische Uhr. Und was sich da alles ablesen lässt. Die Stunden, die Mondphasen, irgendwas mit Sternzeichen, ach herrjeh, das versteht doch niemand. Und weil das niemand versteht und weil die meisten Funktionen im Alltag auch wenig Gebrauchswert haben, gibt es darüber eine zweite Uhr. Die zeigt die Stunden und die Viertelstunden. Das ist schon erheblich realitätsnäher. Weil zu der Zeit das Uhrenlesen noch nicht so verbreitet war, brachte man noch eine Sonnenuhr an. Jetzt vermag ich nicht zu sagen, wie eine Sonnenuhr leichter zu lesen ist, wie eine runde Uhr. Aber geschenkt, denn an der Ostseite zeigt eine Sonnenuhr spätestens ab der Mittagsstunde eh nichts mehr an.

Alles schief hier

Auch sonst gibt es zu Ulm eine Menge zu erzählen. Zum Beispiel, dass da einiges schief ist in dieser Stadt. Da gibt es den schiefen Turm von Ulm. Der hat einen Überhang von 2 Metern. Und dann gibt es das Hotel Schiefes Haus. Warum das so heisst, ist unschwer zu erkennen.

Jetzt aber ab zum Zug, die Heimat ruft.