Abt.: Schlachthaus

Krieg einfrieren

In der aktuellen Debatte um den Krieg in der Ukraine... nein, das ist eigentlich keine Debatte. Für eine Debatte ist das zu einseitig, was da gerade abläuft. Denn eine Debatte beinhaltet Für- und Gegenrede.

Aktuell ist nur mehr Fürrede erlaubt. Alles andere ist AfD, Wagenknecht oder sonst wie verquer.

Ist das so? Oder ist uns da was ganz wichtiges abhanden gekommen?

Gerade hat jemand - also nicht irgendjemand, sondern der Fraktionsvorsitzende der SPD - eine Gegenrede versucht:

Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?

= Rolf Mützenich - SPD =

Er stimmt damit nicht ein in das allgemeine Kriegsgeheul der Ampel ein. Er wagt es, einen Schritt weiter zu denken. Und alle fallen über ihn her. Niemand macht sich die Mühe darüber nach zu denken, was die Fortführung des Krieges eigentlich bedeutet. Oder wie der Krieg beendet werden könnte.

"Russland darf nicht gewinnen", das scheint Konsens. Im Westen. Es gibt aber eben auch die andere Seit, nämlich Russland und da scheint der Konsens "Russland muss gewinnen" zu lauten. Zumindest so lange Putin den Konsens vor gibt.

Das erinnert ein wenig an die Pfaffen vergangener Kriege, die hüben wie drüben Waffen segneten und jeweils den selben Gott um erfolgreiches Morden ersuchten.

"Russland darf nicht gewinnen" und "Russland muss gewinnen" schliessen sich gegenseitig aus.

Was aber bedeutet das, wenn man es zu Ende denkt?

"Russland muss gewinnen"

Niemand kann in diesen Putin Kopf hinein schauen. Insofern kann auch niemand mit Gewissheit sagen, was genau mit "Russland muss gewinnen" gemeint sein könnte. Geht es Putin um die Annexion der umkämpften Gebiete? Um die ganze Ukraine? Um Moldawien vielleicht auch noch? Das Baltikum? Finnland? Ganz Europa? Die Welt?

Gelegentlich bringt die Geschichte vom Größenwahn gezeichnete Gestalten hervor. Denen begegnet man oft mit einer Mischung von Bewunderung und Grausen. Caesar zum Beispiel. Oder Dschingis Khan. Oder auch Napoleon. Die bekommen dann so Beinamen wie "der große Eroberer" oder so. Und dann gibt es noch den einen, für den man nur Grausen und Abscheu übrig hat: Hitler. Der bekommt auch keinen schmeichelhaften oder beschönigenden Beinamen.

Gemein ist ihnen allen, dass sie beachtliche Blutspuren quer über die Welt gezogen haben. Leid, Tod und Mord sind ihre hervorragendsten Eigenschaften.

Ob sich Putin in einer Linie mit ihnen sieht, das weiß man nicht. Man weiß nicht, wie groß seine Machtgier ist. Nicht wie weit seine Skrupellosigkeit geht. Nicht zu was er alles bereit ist. Ob sein Zündeln mit der Atombombe Show ist oder ob er ernsthaft bereit ist eine zu zünden. Ob er bereit ist für sein Ego die Weltbevölkerung auszulöschen.

"Russland darf nicht gewinnen"

Wie weit ist der Westen bereit zu gehen, um Putin nicht gewinnen zu lassen? Gerade mal so weit, den Krieg über Jahre am Köcheln zu halten? Oder wird er über kurz oder lang Waffensysteme liefern, die es der Ukraine ermöglicht den Angreifer aus dem Land und bis hinter den Ural zu treiben? Wird die NATO einen Fuß in die Ukraine setzen? Wird sie einen Nuklearkrieg riskieren?

Auch das weiß man nicht.

Man weiß nichts über Putins Pläne und man scheut sich davor, das "Russland darf nicht gewinnen" bis zum Ende zu denken. Man scheut sich bereits davor, das überhaupt anzusprechen.

Und wer es doch anspricht sieht sich schnell in die AfD, Wagenknecht oder sonst wie verquere Ecke gestellt.

Insofern: Hut ab vor Herrn Mützenich, der auch auf Nachfrage nicht bereit ist, seinen Satz vom "Krieg einfrieren" zurück zu nehmen.