Wer darf das eigentlich?
Kulturelle Aneignung in der Küche
Ich hätte da eine Frage an die selbsternannten Wächter über kulturelle Aneignung. Eine kleine Geschichte mit vielen Wendungen, ab welchem Moment ist es für die PC-Polizei geboten einzuschreiten. Oder handelt es sich gar nicht um einen ahndungswürdigen Verstoss, so lange ausschliesslich hellhäutige Protagonisten beteiligt sind.
Die Geschichte
Eine gebürtige Ukrainerin lernt Köchin und leitet die Küche in einem italienischen Restaurant. Dann muss sie fliehen und landet in München. Sie bekommt einen Job in einer traditionell bayerischen Wirtschaft.
Die Fragen
Darf jetzt eine Ukrainerin in einem italienischen Restaurant arbeiten? Oder ist das nur ItalienerInnen erlaubt? Haben doch ItalienerInnen jahrelang - und haben es vielleicht heute noch - als Gastarbeiter unter Diskriminierung zu leiden gehabt. Oder haben sie sich mittlerweile als gleichberechtigte EuropäerInnen aus der Diskriminierung freigestrampelt? Oder gilt die in Deutschland erfahrene Diskriminierung in der Ukraine gar nicht?
Und darf eine Ukrainerin dann in einer bayerischen Wirtschaft arbeiten? Fühlen sich die Bayern doch im Konzert der deutschen Bundesländer gerne zurückgesetzt, nicht ganz ernst genommen, vulgo diskriminiert. Eignet sich da nicht jemand aus dem Borschtsch-Kulturkreis in diskriminierender Absicht den Schweinsbraten mit Dunkelbiersosse an?
Oder gilt das für UkrainerInnen im allgemeinen gar nicht, weil sie auf dem Arbeitsmarkt - ganz egal, ob in der Ukraine, in Bayern oder auch in Italien - immer zu den Unterprivilegierten gehören. Per Definition also selbst - egal was sie anstellen - gar nicht diskriminieren können.
Vielleicht bin ich aber auch komplett auf dem Holzweg und bei der Anstellung einer geflüchteten Ukrainerin handelt es sich um die niederträchtige Ausnutzung einer Notlage. Und nicht um eine Win-Win-Situation.
Was wäre, wenn diese Frau Dreadlocks trüge? In Bayern in einer italienischen Trattoria arbeitete? Wenn ich mit Kilt bekleidet und russischem Bekannten mit Iro in eben dieses Lokal ginge, um dort finnischen Vodka zu verköstigen?
Oder dürfte ich mich einfach mit ihr freuen, dass sie, in der für sie vielleicht schrecklichsten Zeit ihres Lebens, eine Chance bekommt, für sich und für ihre Familie eine neue Zukunft aufzubauen?
Nachsatz
Auf dem Foto ist übrigens ein "Breakfast Bread" aus einem italienischen Lokal in Split zu sehen. Dazu hätte ich auch ein oder zwei Fragen...