CSU Seniorenunion

Nummernschilder für Radler?

Während sich die Stadtplaner beinahe täglich mit neuen Herausforderungen konfrontiert sehen, grätscht ein naseweiser Seniorenvorsitzender mit klugen Ratschlägen von der Seite her.

Sein offener Brief an die bayerische Verkehrsministerin und Parteigängerin Kerstin Schreyer (CSU) ist der verbitterte Abgesang eines alternden Politikers, der sich mit Ruhestand und Bedeutungslosigkeit nicht abfinden kann. Ein konstruktiver Beitrag zur Verkehrspolitik hingegen ist er nicht.

Verzeihung, natürlich hat der genannte Herr auch einen Namen. Es handelt sich um Thomas Goppel, einem renommierten CSU-Politiker, der zu seiner Zeit jede menge Unfug in der bayerischen Politik getrieben hat. Doch das soll jetzt nicht weiter Thema sein.

Offener Brief von Thomas Goppel

Herr Goppel verdammt in seinem Brief die Radfahrer in Bausch und Boden. Er kann der muskelgetriebenen Fortbewegung so gar nichts abgewinnen. Dabei redet er der Autolobby das Wort. Das Auto bedeutet Freiheit, die Innenstädte würden autofrei gepresst, der Autofahrer gerät Tag für Tag mehr in Bedrängnis und allerlei Plattitüden mehr.
Der Radler hingegen ist per se ein Rowdy, der es auf Autofahrer und Fußgänger abgesehen hat. Der sich nicht an Verkehrsregeln hält. Der bestraft und in die Grenzen verwiesen gehört.
Er beschwört eine Verbotsszene für Autos und eine Erlaubnisorgie für Fahrradfahrer. Ganz so als gäbe es ein natürliches Vorrecht der Belchkisten gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern.

Herausforderungen

Nachdem Städteplaner jahrzehntelang dem Automobil den unbedingten Vorzug vor allen anderen Verkehrsteilnehmern, vor Wohn- und Freizeitbedürfnissen, vor eigentlich allem anderen, gegeben haben, ist es mehr als höchste Zeit, die Fehlentwicklungen der Vergangenheit zu korrigieren.
Verkehr benötigt Raum. Und Raum ist in der Großstadt ein knappes Gut. Bislang wurde der Raum recht großzügig an den Autoverkehr und sehr zögerlich an Fußgänger und Radfahrer vergeben. Will man nicht, dass die Stadt im Stau ertrinkt, muss man die Verteilung überdenken. Da bleibt es nicht aus, dass dem Auto zu Gunsten anderer Verkehrsmittel Raum genommen werden muss. Und es sind beileibe nicht nur die Fahrradfahrer, die von dieser Entwicklung profitieren können und müssen. Wir brauchen Platz für die zunehmende Zahl der E-Mobile - E-Bikes, E-Scooter, Lastenräder, Elektroroller -, für den öffentlichen Nahverkehr, für Fußgänger und müssen bereit sein für heute noch unbekannte Formen der Mobilität.

Rowdys

Als Beobachter und leidtragender Mitradler muss ich sagen, Radler sind keine Engel. Sie sind Verkehrsteilnehmer, wie alle anderen auch. Sie wollen irgendwie von A nach B kommen und nehmen auf andere Verkehrsteilnehmer mal mehr mal weniger Rücksicht. So wie das alle anderen auch tun.
Ganz gewiss gibt es auch ausgewiesene Rowdys. Die Verhalten sich schlecht. Die halten die Straßenverkehrsordnung mehr für eine Empfehlung, denn für ein sinnvolles Regelwerk. Die gefährden andere und strapazieren Nerven. Darunter haben Radler zu leiden, die sich an die Regeln halten. Darunter haben auch Fußgänger zu leiden und auch Autofahrer.
Doch ebenso haben Radfahrer unter rücksichtslosen Autofahrern zu leiden. Unter Falschparkern, unter Rechtsabbiegern, die nicht schauen, unter Boliden, die aus Einfahrten auftauchen. Und ebenso haben Radler unter Fußgängern zu leiden, die Fahradwegbegrenzungen für hübsches Gewegdesign halten oder ihre Hundeleine über den Radweg spannen.
Da beisst die Maus keinen Faden ab. Da ist keiner besser als der andere. Weiter bringen uns die gegenseitigen Vorwürfe indes nicht.

Radlführerschein

In den 70er und auch den Nullerjahren gab es in der Grundschule eine Radlprüfung. Den Kindern wurden Verkehrsregeln und Fahrverhalten beigebracht. Dem kam man nicht aus. Sollte dieser, wie ich meine sinnvolle Beitrag zur Verkehrserziehung zwischenzeitlich eingestellt worden sein, muss der Ruf nach einem Radlführerschein mehr an das Kultusministerium adressiert werden. Und eigentlich sollte sich der Herr Goppel als ehemaliger Staatssekretär für Wissenschaft und Kunst, sowie als Verfechter des gescheiterten G8-Feldversuchs da ein wenig auskennen.
Im Übrigen dürfte sich die Mehrheit der Radfahrer im Besitz eines gültigen Führerscheins befinden. Und damit eindrucksvoll unter Beweis stellen, dass es am Wissen der Verkehrsregeln nicht mangelt.

Statistik und Selbstwahrnehmung

Ich habe eine Zeit lang das morgendliche Treiben auf dem Weg zur Arbeit recht genau beobachtet. Da hielten sich die Gefährdungen und Unachtsamkeiten von Radlern, Autofahrern und Fußgängern mir gegenüber schön die Waage. Mein eigenes Verhalten anderen gegenüber verbesserte sich hingegen von Tag zu Tag. Wenn man wahrnimmt, was einem am Verhalten der Anderen stört, bekommt man die große Chance, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und zu korrigieren.

Nummernschilder

Abschließend muss ich sagen, der Idee mit dem Nummernschild kann ich direkt etwas abgewinnen. Jetzt nicht unbedingt, um den Fußgängerzonenradler per Großfahndung dingfest zu machen. Mehr so eine Versicherungsnummer.
Ich bin überzeugt, dass sich manch einer am Riemen reißt, wenn er sich nicht so ohne weiteres unerkannt aus dem Staub machen kann. Fahrradleichen werden nicht mehr mal eben so im Eisbach versenkt. Geklaute Räder lassen sich wieder finden. Und eine kleine Extraversicherung für den Fall der Fälle schadet nicht.