Abt.: Lug und Betrug

Putin will den Frieden

Putin will verhandeln. Putin will den Frieden. Putin versteht gar nicht, warum ihm das keiner abkauft.

Ich habe das Interview zwischen dem republikanischen Einpeitscher Tucker Carlson und dem Despoten Putin nicht gesehen. Vor allem weil ich mir nicht vorstellen kann, dass da, jenseits kruder Weltsicht von beiden Seiten, erhellendes oder nützliches rüber kommt.

Mir wurde nun zugetragen, Putin hätte in diesem Interview zwei Bedingungen für Verhandlungen gestellt:

1. Selenski nimmt das Dekret zurück, in dem er bestimmt hat, dass die Ukraine keine Verhandlungen mit Russland führt, solange sich russische Soldaten auf dem Gebiet der Ukraine befinden. 2. Die Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine enden.

Zusammen mit der Fragestellung:

Warum bringt das kein Journalist? Und warum spielt man diese unendlich wertvolle Propagandakarte nicht aus? Selensky erklärt die Aufhebung des Dekrets und der Westen die Einstellung der Waffenlieferungen für die Zeit der Verhandlungen. Dann schneidet man beide Aussagen in einem Video gegeneinander und fragt öffentlich: "Präsident Putin, Ihre beiden genannten Forderungen wurden nunmehr erfüllt, Wann setzen wir uns nächste Woche zusammen, um über den Konflikt zu verhandeln?

Das klingt verlockend. Man muss nur den Putin beim Wort nehmen. In einfach diplomatisch in die Ecke drängen, indem man sein Angebot annimmt. Ein wenig verhandeln, einen Vertrag unterschreiben und alles wird gut.

Doch halt. Ganz so einfach ist das nicht. Das fängt schon beim "Putin beim Wort nehmen" an. Schließlich hat er noch in der Woche vor Kriegsbeginn steif und fest behauptet, er wolle keinen Krieg(1). Will man sich mit so jemanden ernsthaft an den Verhandlungstisch setzen? Will man nicht.

Und doch wird man das über kurz oder lang - es sei denn es käme ein tragischer Unfall dazwischen - müssen. Denn kein Krieg dauert ewig. Und die Ukraine wird Russland keine bedingungslose Kapitulation aufzwingen.

Das Dekret, keine Verhandlungen zu führen, so lange russische Truppen in der Ukraine sind, ist schlimm. Das kostet Menschenleben. Damit hat sich Selenski in den eigenen Arsch gekniffen. Natürlich ist es Verständlich, dass er Stärke zeigen will. Er schneidet sich damit jedoch jegliche Alternative zum Frontgemetzel ab.

Die Rüstungsindustrie ist am Frohlocken(2). Mit welch einer Begeisterung die neue Munitionsfabrik von Rheinmetall abgefeiert wird, macht es unwahrscheinlich, dass der Westen von der Idee, Waffenlieferungen einzustellen oder auch nur auszusetzen sonderlich angetan wäre.

Vielmehr - und das finde ich ganz schlimm - sind Politik und Medien in einen Rausch verfallen, sich in zunehmend lauter werdendem Kriegsgeheul zu überbieten. Deutschland muss kriegstüchtig gemacht werden. Österreich kriegsfähig. Die Rüstungsausgaben werden allerorten hoch geschraubt.

Auf der Siko stimmt uns unser Verteidigungsminister auf eine Jahrzehnte lange Auseinandersetzung mit Russland ein. Das liest sich nicht nach Verhandlungsbereitschaft.

Ganz nach dem Motto "willst du den Frieden, rüste dich für den Krieg". Die Geschichte hat gezeigt, das geht in die Hose. Denn wer für den Krieg rüstet... der führt den Krieg dann auch.

Deutschland, Frankreich, England, viele Staaten unterzeichnen dieser Tage Beistandsverträge mit der Ukraine. Das ist ungefähr genau das Gegenteil von "Waffenlieferungen einstellen".

Wären da noch die Sanktionen, an denen bar jeder Vernunft festgehalten wird. Sanktionen haben noch nie einen Staat in die Knie gezwungen. Nicht den Iran, nicht den Irak. Und was weiß ich welche Länder noch sanktioniert werden.

Es ist bezeichnend, wie weit runter Putin seine Bedingungen geschraubt hat. Offenbar hält er seine ursprünglichen Pläne, die Ukraine zu demilitarisieren und entnazifizieren nicht mehr für sonderlich realistisch.

Dabei ist jedoch klar, Putin fordert damit dennoch etwas unerfüllbares. Selenski würde sein Gesicht verlieren, würde er nachgeben und damit de Facto Teile der Ukraine an Russland abtreten. Der Westen würde sein Gesicht verlieren und fortan als unzuverlässiger Partner in Kriegsdingen gelten. Die UNO würde ihr Gesicht verlieren, denn sie kann nicht zulassen, dass ein Mitglied einem anderen Territorium gewaltsam entreisst.

Dennoch haben alle Maßnahmen zu keinem zielführenden Ergebnis geführt. Nicht markige Worte. Nicht Frontgemetzel. Keine Waffenlieferung und auch keine Sanktion. Und es sieht auch nicht so aus, als würde sich daran etwas ändern.

Insofern: Warum nicht mal ausprobieren. Bringt das auch nichts, kann man ja morgen wieder metzeln und Waffen liefern.