Warten auf die Impfung

"Sie sind doch sicher schon geimpft" sagt die Ärztin, während sie umständlich mit ein paar Fläschchen hantiert.
Mein erster Reflex "natürlich, schon lange" und ich hörte richtiggehend, wie die Räder in meinem Hirn zu rattern beginnen. Ärztin, Frage, Fläschchen und das am Abend... "Äh, nein, leider noch nicht. Wieso, haben sie etwa noch Impfstoff übrig?" sprudelt es schnell aus mir heraus.
"Ja und ich würde ihnen gerne eine Impfung anbieten, wenn sie bis Ende der Sprechzeit warten wollen." Selbstredend will ich.
"Jetzt aber zu ihren Beschwerden. Sie bekommen also schlecht Luft. Haben sie denn die Gabel dabei, mit der sie immer essen?"
"Ja, habe ich. Sie ist ein Erbstück von meinem Großvater...." bitte behandeln sie sie vorsichtig, will ich noch nachschieben, da hat sie die Gabel schon ergriffen und mit einer Zange das Griffende abgezwickt. "Habe ich es mir doch gedacht, Hafer" und sie zieht den Inhalt der Gabel wie eine Schublade heraus. Fliegen stieben auf, ein unangenehmer Geruch macht sich breit. Ich vermeine auch Rauchwolken zu sehen, vielleicht ist es nur Staub. In der Schulbade sehe ich einen schimmeligen Rest Hafer. Und ich habe immer gedacht - besonders die alten - Gabeln währen massiv und nicht hohl. Dass man sich Material spart, indem man das Esswerkzeug mit Hafer ausstopft das war mir neu. Damit war der Grund für meine Beschwerden gefunden und ich begebe mich wieder ins Wartezimmer.

Da sitzen noch Patienten. In allen Altersstufen. Das kann jetzt noch dauern. Egal, wenn ich schon so unverhofft die Möglichkeit bekomme, mich impfen zu lassen. Anderen Falls, als Entwickler bei einem Modemagazin, da stehst du in der Priorisierung ganz weit hinten. Also klar, ich werde hier sitzen bleiben, bis die Sprechstunde zu Ende ist. Bis sie mich wieder aufrufen... bis....

Ach du dickes Ei, verschlafen, ich hätte schon vor einer Stunde in der Arbeit sein müssen. Ich wollte doch nur auf die Impfung warten. Kann doch niemand wissen, dass das nur ein Traum ist...